
NACHHALTIGE FIRMEN
Auch während der restlichen Zeit im Jahr bleibt für
Judith Amstad und Florian Achermann viel Arbeit.
Die Bienenstöcke müssen instand gesetzt werden,
zudem züchten sie die Bienen selbst, was eine aufwendige
Arbeit ist. Obwohl der Bund die Biene zum
drittwichtigsten Nutztier erklärt hat, erhält der Berufsimker
in der Schweiz weder Subventionen noch
Direktzahlungen. «Da spielt es offenbar auch keine
Rolle, dass schätzungsweise 85 Prozent der Schweizer
Lebensmittel auf die Bestäubung durch Bienen
angewiesen sind», wundert sich Achermann.
Als zweites Standbein betreiben die beiden eine
Wachsschmelzerei, da sie viel Wert auf das eigene
Bienenwachs legen. «Bei unserem Wachs sind wir sicher,
dass es nicht verschmutzt ist oder Zusatzstoffe
enthält», führt Achermann aus. «Denn die Qualität
des Wachses wirkt sich 1:1 auf die Qualität des Honigs
aus.» Das Wachs wird geschmolzen, zu dünnen
Platten gewalzt und dann mit dem typischen Wabenmuster
gestanzt. Dies ist der Bauplan für die Bienen.
Amstad und Achermann führen diese Arbeit auch
für andere Imker aus, die ihnen das Wachs vorbei-
bringen. «Den fertigen Honig verkaufen wir vor allem
im Kanton Uri», so Judith Amstad. Detaillisten,
die Gastronomie und Private seien die Hauptabnehmer.
«Wir arbeiten auch an einem Web-Shop.» Neu
bieten sie auch an ihrem Standort in Bürglen Betriebsbesichtigungen
und Vorträge, verbunden mit
Degustation und Apéro, an.
Kommunikation ist entscheidend
Für Markus Zemp von der Hochschule Luzern muss
sich jedes KMU Gedanken hin zu mehr Nachhaltigkeit
machen: «Der Trend zu mehr Nachhaltigkeit ist
in unserer Gesellschaft ein wichtiges Thema. Jedes
KMU muss sich seiner gesellschaftlichen und ökologischen
Verantwortung bewusst sein und sich die
Frage stellen, ob es Bereiche gibt, die ökonomisch,
ökologisch oder gesellschaftlich nachhaltiger gestaltet
werden können.» Wenn sich das KMU für eine
Veränderung entschieden habe, sei die Kommunikation
zentral. «Viele KMU machen diesbezüglich gute
Arbeit, verbessern ihr Unternehmensmodell und
werden nachhaltiger», fasst Zemp zusammen. «Doch
wenn das Unternehmen nicht darüber spricht und
kommuniziert, können es die Konsumenten auch
gar nicht erfahren und damit beim Kaufentscheid
berücksichtigen.» Urban Henzirohs
Klimawandel zwingt zur Innovation
Die Produktion zu beobachten, wäre bei der Bergimkerei
Achermann im Kanton Uri etwas heikel. Besteht
doch ein Bienenvolk aus bis zu 60’000 Bienen,
und zu ihren Kästen hält man besser etwas Abstand.
Imkermeister Florian Achermann legt Wert darauf,
dass nicht er den Honig produziert, sondern die
Bienen. «Wir ernten den Honig lediglich», erzählt
einer der wenigen Berufsimker der Schweiz. Zusammen
mit seiner Frau Judith Amstad gewinnt er den
Honig von 200 Bienenvölkern, die in Kästen an verschiedenen
Standorten hauptsächlich im Kanton Uri
platziert sind. «Wir wandern dem Nektar nach», so
Achermann. Der Klimawandel und die abnehmende
Artenvielfalt der Pflanzen zwingen ihn dazu. «Im Tal
finden die Bienen je länger, je weniger Nektar. Wenn
die Blumen unten verblüht sind, beginnen sie sich
aber weiter oben erst zu öffnen.» So machten die beiden
Imker eine Tugend daraus und platzieren ihre
Völker auf Alpen, wo die Bienen auch Anfang Sommer
noch auf viel Nektar stossen. Daraus entstehen
unter anderem Spezialitäten wie Alpenrosen-honig.
Wichtiges Nutztier, trotzdem keine Unterstützung
Verarbeitet wird alles in ihrem neuen Zuhause oberhalb
von Bürglen. Hier bauten Judith Amstad und
Florian Achermann ein Wohn- und ein Ökonomiegebäude.
In Letzterem wird mit modernen Maschinen
der Honig gewonnen: Mittels Zentrifuge fliesst
der Honig aus den Waben, danach wird er gesiebt,
schlussendlich aufs Gramm genau in Gläser abgefüllt.
Etikettiert wird dann wieder von Hand. Dies
alles geschieht in einer intensiven Zeit im Juli. Liesse
man die Bienenstöcke länger stehen, würden sich
die Bienen selbst an ihrem Vorrat bedienen. Nach
der Ernte füttert Achermann die Bienen mit Zuckerwasser,
für die Überwinterung werden die Bienenvölker
an verschiedene Winterstandorte verteilt.
Meine Firma
Judith Amstad und Florian
Achermann betreiben oberhalb
von Bürglen UR eine Bergim-
kerei und produzieren Honig.
Sie kümmern sich seit 2011
ausschliesslich um ihre Bienen
und den Honig. Die Bienen-
völker werden im Sommer auf
verschiedenen Urner Alpen
platziert; so erhält der Honig
dank der Bergblumen einen
besonderen Geschmack.
Die Bergimkerei bereitet auch
die Wachswaben für sich und
andere Imker auf.
→ www.urner-honig.ch
02/2020 13 Meine FIRMA
Fotos: Herbert Zimmermann
«Im Tal finden
die Bienen je länger,
je weniger Nektar.»
Florian Achermann, Bergimker