
BEWUSSTE UNTERNEHMENSFÜHRUNG
«PET sammeln reicht nicht»
Klimawandel, Biodiversität, Kreislaufwirtschaft – nachhaltige Entwicklungen beein-
flussen nicht nur die Weltwirtschaft, sondern bergen auch Herausforderungen für die Schweizer
KMU. Was Unternehmer tun können, um den Anschluss nicht zu verlieren.
Nach wie vor ist Nachhaltigkeit vor allem bei grossen
Unternehmen strategisch verankert. Weshalb
das Thema auch für KMU relevant ist und wie sie
auch mit einfachen Massnahmen nachhaltiger werden
können, erklärt der Präsident von öbu, dem
Verband für nachhaltiges Wirtschaften, Dr. Arthur
Braunschweig.
Dr. Braunschweig, weshalb ist das Thema
Nachhaltigkeit auch für KMU relevant?
Kurzfristig scheint Nachhaltigkeit für KMU weniger
drängend als für die «Grossen», mittelfristig ist sie
ebenso wichtig. Neue Technologien, Gesetze, Lenkungsabgaben,
ökologische Wünsche gerade von
jungen Kunden – all dies betrifft auch KMU. Und
einzelne KMU wollen selbst «Teil der Lösung» sein –
weil die Mitarbeitenden, die Eigentümer oder deren
Kinder dies wollen.
Welche nachhaltigen Entwicklungen werden
in Zukunft die grössten Auswirkungen auf unsere
KMU haben?
Nachhaltigkeitsthemen können viel verändern, vor
allem für KMU in Branchen mit Material- und Geräteumsatz:
neue Energiesysteme für Gebäude und
Fahrzeuge, neue Methoden im Gartenbau und in
der Landwirtschaft, wassersparende Systeme usw.
Auch Planer und Dienstleister haben es oft in der
Hand, gute Innovationen optimal einzusetzen, oder
eben nicht. Und umgekehrt wählt jedes KMU seine
Partner und kann auf deren Kompetenz zu Nachhaltigkeit
achten.
Wie verankere ich ein strategisches Nachhaltigkeitsmanagement
in meinem KMU?
Ich unterscheide zwischen KMU und KMU: Ein KMU
mit beispielsweise 220 Mitarbeitenden braucht eine
formulierte Strategie und ein Managementsystem.
Darin sollten Umwelt- und Sozialthemen formal
einbezogen sein. Eine Kleinfirma mit sechs Personen
benötigt weniger formales «strategisches
Management» respektive kann vieles davon recht
einfach – wie an Teamsitzungen – erarbeiten. Aber
sogar im Kleinbetrieb sind eine schriftliche Strategie,
passende Jahresziele und Massnahmen wichtig,
um die Arbeit aller gemeinsam auszurichten.
Nun haben viele KMU nicht unbeschränkt Ressourcen,
um sich dem Thema Nachhaltigkeit zu
widmen. Gibt es auch einfach anzuwendende
Massnahmen, die Erfolge zeigen?
Ich sehe zwei Ebenen: Haltung
und Handlung. Zur Haltung
empfehle ich: «Gut zuhören»
– den Kollegen, Kundinnen
und Kunden, Mitbewerbern.
Hilfreich ist auch: «Neues
anschauen, intern berichten,
immer auch nach Vorteilen
fragen». Dies ermöglicht vieles,
auch Nachhaltiges. Zur
Handlung: Konkret kommt
ein KMU bereits mit zwei Gesprächen
vorwärts: einem internen
über Erwartungen und
Befürchtungen und einem Gespräch
mit einer externen Person,
die einem quasi den Spiegel vorhält. Und dann
mit unternehmerischer Haltung das Sinnvolle anpacken.
Und bitte nicht einfach PET sammeln, um
die Welt zu retten oder das Gewissen zu beruhigen.
Haben Sie einen ganz persönlichen
Nachhaltigkeitstipp für unsere Leser?
Bieten Sie ausgewählten Kunden nebst dem Standardangebot
auch eine «ökologische Option» an. So
lernen Kunden, was sie machen können. Wie die
Kunden auswählen, bleibt deren Entscheidung.
Aber Ihr KMU weist den Weg und zeigt Kompetenz.
Interview: Melanie Ade
02/2020 25 Meine FIRMA
Foto: zVg
Meine Firma
Der Verband für nachhaltiges
Wirtschaften öbu (ökologisch
bewusste Unternehmensführung)
setzt sich mit seinen
Mitgliedsunternehmen für eine
prosperierende Wirtschaft unter
Einhaltung ökologischer und
sozialer Grundsätze ein.
Dr. Arthur Braunschweig ist seit
2019 Präsident der öbu.
Beruflich ist er Partner der E2
Management Consulting AG.
→ www.oebu.ch
Dr. Arthur Braunschweig, Präsident des Verbands für
nachhaltiges Wirtschaften.